Burnout und Depressionen. Modeerscheinung oder Schauspiel?
VORURTEILE ZU DEPRESSIONEN GIBT ES EINE MENGE
Sinnvoll wie Blinddarm und doch allgegenwärtig. Vorurteile und Bewertungen in Bezug auf Burnout und Depressionen. Das Gegenteil kommt aus der Mode. Empathie.
Die Vorurteile halten sich hartnäckig
An einem Burnout zu leiden sei eine Ausrede, weil derjenige das Interesse an bestimmten Arbeiten verlor, faul ist oder zu schwach. Das nachgeschobene „Ich habe Depressionen, was soll ich machen“ wird als Killerargument aufgefasst. Und es wirkt.
Auf der anderen Seite wird Burnout als glanzvolle Kriegsverletzung des Helden dargestellt. Reicht die 80-Stunden-Woche nicht mehr aus, sich als Superman in Strumpfhosen von der Masse abzuheben, füllt Burnout die entstandene Aufmerksamkeitslücke.
Meine eigene Erfahrung sagt mir, beides ist Schwachsinn. Jemandem, der über psychische Belastungen klagt, nicht zu glauben oder zu ignorieren, ist armselig. Hilfe bei Depressionen ist ohnehin schwierig genug.
Schiebt jemand ein Burnout vor, weil sein Status bröckelt, ist das … richtig, armselig.
Ist es unsichtbar, existiert es nicht
Schwierig, etwas umfassend einzuordnen, kann ich es nicht angreifen, hören, wenigstens riechen. Meine eigene Realität ist die Latte, unter die alles und jeder passen muss, egal wie tief die Latte liegt. War das jetzt sarkastisch?
Ebenso schwierig, wenn der Höhenflug mit dem Sinkflug beginnt. Nährte sich mein Status bisher von Arbeitspensum, Erfolg und Verantwortung, kommt das Drama, wenn diese Luftblase platzt. Die ganze Anstrengung, und dann … Leere? Das kann, das darf nicht sein. Eine neue Trophäe muss her: Burnout.
Ich erlebte beide Seiten. Der Spruch „komm schon, scheiß dich nicht an, das geht schon irgendwie“, lässt meinen Tinnitus heute noch ein hohes C singen. Das war, als ich bereits im Burnout steckte, nur sagte mir das niemand.
Ich bin doch nicht vernünftig
Andererseits präsentierte ich mich bei jeder Gelegenheit im Superman-Kostüm. Als Kämpfer, der alles kann, alles erledigt, der alles weiß, vor allem besser. Das war ebenfalls, als ich bereits im Burnout steckte, nur sagte mir das niemand.
Ich kapierte, dass ich auf meinem Highway to Hell war. Die von mir geschaffene Aura, alles zu schaffen, stand mir jedoch im Weg.
Die Strumpfhosen runterlassen und sagen „ich scheiß mich an, es geht nicht mehr“, wäre vernünftig gewesen. Vernunft, was für ein krankes Wort für jemanden, der auf AC/DC steht.
Das prahlende Opfer
Ich prahlte über die Menge an Arbeit die ich erledigte, die Probleme, die ich löste und die Erfolge, die ich glaubte erzielt zu haben. Die sich häufenden, inneren Verkrampfungen, die ich bei der Prahlerei immer heftiger spürte, schob ich beiseite wie ein König seinen unnützen Diener.
Als zutiefst verletzend empfand ich die mir teilweise entgegengebrachte Ignoranz, als ich mich eines Tages hinstellte und mich mit mit meinen Depressionen outete. Dass ich Opfer meiner eigenen Heiligsprechung wurde, kam mir nicht in den Sinn.
Eine Illusion jagt die Nächste
Handelt es sich bei Burnout und Depression nun um eine Modeerscheinung oder ist es eine schauspielerische Leistung des Betoffenen?
Gehen wir kurz davon aus, dass dem so ist. Sofort stellen sich mir die, meiner Meinung nach, richtigen Fragen: „Ja, aber warum macht der das? Warum stellt er sich als coolen Hund dar, in dem er mit seiner vielen Arbeit prahlt? Warum spielt er mir etwas vor? Sagt, es geht ihm gut, obwohl ich sehe, dass er leidet?“
Ich rutschte in ein Burnout, weil ich mir über Jahre hinweg eine Illusion schuf. Falschen Erwartungen, Wünschen, und Zielen nachlief. Schiebe ich ein Burnout vor, um als cooler Typ zu gelten, ist das nichts anderes als eine Illusion.
Unterstelle ich jemandem, mit seiner Krankheit als cool gelten zu wollen, kann das durchaus zutreffen. Und jetzt?
Mit zerrissenen Strumpfhosen bist du kein Held
So oder so, der Weg hin zu einem Burnout ist bereits gepflastert und derjenige rennt wie ein ausgehungertes Frettchen drauf zu. Ihm dann noch mit Modeerscheinung oder Schauspielerei zu kommen, diese Entscheidung muss jeder für sich treffen.
Als ich wie ein nasser Hund in meiner Ecke kauerte, von Depressionen außer Gefecht gesetzt, fühlte ich mich nicht mehr cool, modern oder wie George Clooney in Emergency Room. Dort hätte ich hingehört, schämte mich aber.
Die Illusion fiel in sich zusammen. Übrig blieb ein gefallener Held, dem bewusst wurde, dass seine vorgespielten Heldentaten nichts als Luftblasen waren.
Empathie? Was ist das denn?
Vorwürfe, die ich mir machte, waren berechtigt und Teil meines Weges raus aus diesem Elend. Darüber hinaus war es nicht notwendig, mir etwas zu unterstellen, mich zu kritisieren oder mir Vorhaltungen zu machen. Ich ging mit mir selbst hart genug ins Gericht.
Mensch sein heißt auch, sich in Sekundenbruchteilen eine Meinung zu bilden. Eine Situation einzuschätzen, Menschen zu bewerten und teilweise Vorurteile zu entwickeln.
Mensch sein heißt aber auch, zu wachsen. Niemals hätte ich gedacht, einmal psychisch derart auf dem Boden aufzuschlagen. Ich bin niemand Besonderes, daher denke ich, es kann jeden treffen.
Burnout ist cool. Wie ein Vokuhila
Innerlich hau ich mir heute eine runter, wenn ein Vorurteil in mir aufsteigt. Ich frage mich dann, welche Reaktion wünschte ich mir von jemanden, der mir damals in meinem Burnout begegnete.
Es geht nicht um Burnout, Depressionen, Lungenkrebs, Akne oder Übergewicht. Es geht um Empathie, Mitgefühl, um ein von jedweder Bewertung befreites Miteinander! #ichfuehlemitdir ist vielleicht die bessere Art, uns zu begegnen. Was denkst du?
Burnout und Depressionen gelten erst dann als cool, wenn der bereits in den 80ern fragwürdige Vokuhila wieder als modern gilt. Lasst uns dafür sorgen, damit das nicht passiert.
Burnout und Depressionen überwinden ist möglich! Dieses Buch liefert dir eine natürliche und äußerst effektive Schritt-für-Schritt Anleitung!
Anzeige
LECK MICH! JETZT BIN ICH DRAN!
LECK MICH! JETZT BIN ICH DRAN!
Entdecke die Macht der Veränderung und überwinde deine Krise
In diesem Buch teilt der Autor seine persönliche Erfahrung mit Burnout und wie er durch seine eigene entwickelte WAVES-Methode sein Leben wieder auf Kurs gebracht hat. Der Leser wird in die WAVES-Methode eingeführt, die aus fünf wichtigen Schritten besteht und lernen, wie man diese Schritte anwendet, um seine Krise zu bewältigen. Der Autor zeigt, wie die WAVES-Methode angewendet wird, um verschiedene Krisen wie Burnout, Depression, Midlife Crisis oder Stillstand zu überwinden. Dieses Buch bietet praktische Werkzeuge und Ratschläge für alle, die auf der Suche nach einem Weg sind, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen.
Zuerst hat mich die Überschrift ziemlich irritiert. Nachdem ich den Artikel gelesen habe, verstehe ich deine Argumentation. Du hast deine Erfahrungen mit Burnout und Depressionen gemacht und lässt andere daran teilhaben, das respektiere ich.
Den Hinweis auf Empathie finde ich großartig, die geht nämlich in der heutigen Gesellschaft mehr und mehr verloren.
Danke für deinen Kommentar! Stimmt, der Titel ist missverständlich formuliert. Insofern freut es mich, dass du den Artikel gelesen und die eigentliche Botschaft erkanntest.
Beste Grüße
Roland
Lieber Roland
Man muss den Artikel wirklich lesen um zu verstehen.
Ich kann nur sagen, ich erlebte es sehr ähnlich und hatte keine Ahnung was da auf mich zukam. Das einzige was ich noch spürte war…irgendetwas passiert da in mir und es ist nichts Gutes…es überrollt mich bald. Am besten nicht hinhören, ablenken, sich noch mehr anstrengen.
Und dann ging nichts mehr. In Momenten wo ich meiner Seele sehr nahe bin, lass ich immer wieder Empathie mir gegenüber zu und kann mich so oft trösten, wenn nicht alles so gut läuft.
Mit anderen Menschen hatte ich sie schon immer, nur ich kam zu kurz.
Liebe Grüße Sigrid