Was ist denn mit dem los?!
VON EINER PSYCHISCHEN STÖRUNG SELBST BETROFFEN ZU SEIN, FÜHRT ZU SPANNUNGEN IM EIGENEN UMFELD. DAS KANN ABER AUCH GUT AUSGEHEN.
Physische Krankheiten waren für mich ein Leben lang so exotisch und unbekannt wie das Hanta-Virus. Irgendwo gibt es Betroffene, aber die sind schön weggesperrt und kommen in meinem Universum nicht vor. Bis, nun ja, bis ich selbst betroffen und von der Situation überfordert war.
Und dann ging es plötzlich sehr schnell
Nach mehr als 30 Jahren auf der beruflichen und privaten Überholspur häuften sich plötzlich unerklärliche Symptome. Herzrhythmusstörungen, hoher Blutdruck, Schlaflosigkeit, Konzentrationsstörungen sowie ein immer intensiver werdendes Gefühl von Leere, Frust und Lustlosigkeit. Selbst tolle und lustige Dinge machten keinen Spaß und waren mir vollkommen egal.
Mein Hausarzt, ein erfahrener Mediziner, drehte mich komplett durch die diagnostische Mangel, konnte aber keine körperlichen Ursachen finden und empfahl den Besuch bei einem Nervenarzt. Ich wäre ihm beinahe ins Gesicht gesprungen.
Da sich mein Zustand aber rapide verschlechterte und Beruf wie Privatleben massiv beeinträchtigte, habe ich einen Facharzt gesucht. Dieser zog mich sofort aus dem Verkehr und wies mich in eine Klinik ein, in der ich knapp zehn Wochen verbrachte und die mein Leben veränderte. Während ich mich noch unter der schützenden Käseglocke der Klinik befand und auf meine Genesung konzentrierte, brodelte es Zuhause natürlich auf allen Kanälen.
So lernt man echte Freunde kennen
Selbst meine engere Familie, Kinder, Eltern, Geschwister und auch meine Frau waren in den ersten Monaten völlig mit der Situation überfordert, nun einen „psychisch Kranken“ in der Familie zu haben. Sie wussten nicht damit umzugehen, konnten es und damit mich nicht verstehen, nicht ansprechen und damit umgehen.
So gab es anfangs Spannungen mit meiner Frau, die immer wieder nett gemeinte Durchhalteparolen predigte, die mich nur noch mehr deprimierten. Ich erinnere mich auch noch an die hilflose Frage meiner Mutter, welche „Übungen“ denn der Psychotherapeut mit mir mache.
Der engere und weitere Freundes- und Bekanntenkreis reagierte eigentlich ziemlich erwartungsgemäß: die wirklich guten Freunde kamen vorbei, riefen an, boten Unterstützung an, auch wenn sie ebenso mit der Situation überfordert waren. Andere Freunde zogen sich ganz zurück, ließen Monate nichts von sich hören, ich weiß zum Teil bis heute nicht warum. Will man nichts mit einem „Psycho“ zu tun haben oder ist es einfach Unsicherheit?
Da fällt mir dann immer wieder der Spruch eines Therapeuten in der Klinik ein: Mit einem gebrochenen Bein oder einem Herzinfarkt kann jeder etwas anfangen, da bist du der arme Patient, der medizinische Hilfe braucht und hoffentlich bald wieder auf den Beinen ist. Als jemand mit einer psychischen Krankheit ist man jedoch immer stigmatisiert, weil diese nicht greif- und sichtbar ist, unlogisch erscheint und weder Gips noch Operationen helfen können.
Natürlich habe ich auch die vollständigen Ignoranten erlebt
Die es zwar nie aussprechen würden, dir aber mit einer unterschwelligen Arroganz begegnen, die eigentlich nur ausdrücken kann: Du Schwächling, Drückeberger, Weichei. Den Kontakt zu solchen Personen habe ich inzwischen ganz abgebrochen bzw. er ist von selbst verloren gegangen.
Aber da gibt es auch andere Erfahrungen: zum Teil aus völlig unerwarteten Ecken erreichten mich oder meine Frau Anfragen und besorgte Anrufe wie es mir denn gehe und was denn genau mit mir los sei. Nachdem man mit diesen, teils nur losen Bekannten näher ins Gespräch kam, erfuhren wir sehr schnell, dass hier ein echtes Interesse und Mitgefühl da war, da diese Leute oft auch selbst betroffen waren oder einen ähnlichen Fall in ihrem Umfeld kannten.
Kannst du dir vorstellen ...
So, oder so ähnlich, begannen in den Gesprächen oft meine jämmerlichen Rechtfertigungen und Erklärungsversuche meiner Krankheit und Situation. In der Klinik hatte ich gelernt, nicht Krankheit, sondern Störung zu sagen, das klingt irgendwie harmloser. Inzwischen habe ich es aufgegeben, denn ich weiß sicher, dass niemand es sich vorstellen kann wie es ist mit Burnout oder Depressionen leben zu müssen ohne es selbst erlebt zu haben.
Nach Akutklinik, zwei Rehas und fast vier Jahren ambulanter Psychotherapie geht es mir heute, vier Jahre später sehr viel besser, ja eigentlich wieder sehr gut. Aber ich möchte nicht „wie früher“ sagen, denn das Früher hat mich überhaupt erst krank werden lassen.
Nun, ich habe Ansätze und Strategien gelernt und gefunden, die wirksam verhindern können, wieder in alte Denk- und Verhaltensweisen abzudriften. Atemtechniken helfen mir runter zu kommen und Achtsamkeit hat mich gelassener und gegenwärtiger werden lassen.
Meine Familie und engen Freunde sind ein sicherer Halt in meinem Leben, mein Freundeskreis hat sich zwar etwas gewandelt, ist aber nicht minder groß und zuverlässig. Die besten Voraussetzungen nicht mehr neu zu erkranken.
Der Autor stellt sich vor
Ich heiße Oliver, bin 54 Jahre alt, habe 2 Kinder, eine tolle Frau und lebe in der Nähe von Köln. Beruflich habe ich jahrzehntelang eine nahezu unaufhaltsame Karriere gemacht. Bis zum Marketingleiter eines mittelständischen Unternehmens … bis sie dann zu Ende war.
Kontakt zu Oliver
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